WARTEN

Ich sitze auf einer Bank in den Bergen, geniesse das schöne Wetter mit den ersten Frühlingssonnenstrahlen, ich höre dem tropfenden Schmelzwasser von den Dächern zu. Wohin werden die Wege dieser Tropfen gehen? Ich warte, schaue in die stolzen Berge und höre der Stille zu. Was bedeutet das Warten im Alltag? Während dem Warten streifen meine Gedanken in verschiedene Richtungen. Ein lieber Freund wartet auf die Ergebnisse seiner Therapie, in der Hoffnung, dass diese angeschlagen hat und er genesen kann. Eine Freundin begleitet ihren Vater am Sterbebett, sie ist erschöpft von den vielen Stunden des Begleitens durch die langen Nächte hindurch, man erwartet bald das Sterben dieses Menschen. Eine Nichte erwartet ihr erstes Kind, in den nächsten Tagen wird es auf die Welt kommen.

All diese Menschen sind auf ihrem Lebensweg, halten inne, verweilen, bis etwas Bestimmtes, Neues in ihr Leben eintritt. Es ist nicht leicht, dieses Warten auszuhalten. Gefühle der Angst, Hoffnungslosigkeit, Trauer, Ungeduld aber auch der Freude und des Glücks kommen auf. Jede Person erlebt in ihrer Situation eine innerliche Spannung auf das, was kommen mag. In diesen verschiedenen Situationen werden Menschen von ihren Familien und Freunden unterstützt und begleitet, das Warten wird leichter und tragbarer. Diese Kraft der Unterstützung erhalte ich aus der Natur und aus meinem Glauben an Gott. Ich wünsche mir Menschen, die dies leben, damit es ihren Mitmenschen leichter fällt, zu warten.

Barbara Steiger-Bächler, Synodalrätin