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«Unter Heiden» – Lesung in der Klosterkirche Olten | Tobias Haberl: «Jesus soll nicht umsonst gestorben sein»

Tobias Haberl während seiner Lesung in der Klosterkirche Olten: Der Journalist erklärt, warum er trotz Kirchenkrise am Glauben festhält. | Foto: zvg

Tobias Haberl ist Journalist und bekennender Christ. In seinem Buch «Unter Heiden» beschreibt er, warum er trotz Kirchenkrise am Glauben festhält. Am 29. Oktober las er in der Klosterkirche Olten vor vollem Haus.

03.11.25 | Kirchenbote online | Pfarrer Uwe Kaiser, Olten

«Jesus soll nicht umsonst gestorben sein» – mit diesen Worten beschreibt Tobias Haberl, warum er trotz aller Zweifel die Kirchentür öffnet und zur Abendmesse geht. Am 29. Oktober las der Journalist der «Süddeutschen Zeitung» in der Klosterkirche Olten aus seinem Buch «Unter Heiden» vor vollem Haus. Eingeladen hatte ihn der Verein der Freundinnen und Freunde des Kapuzinerklosters Olten. Bereits am Nachmittag war eine Begegnung mit Haberl für Jugendliche aus dem Konfprogramm und den Blöcken der Spurensuche möglich.

Durch einen Artikel in der «Süddeutschen Zeitung» mit dem Titel «Unter Heiden» hat Haberl etwas angestossen, was schliesslich zu seinem gleichnamigen Buch geführt hat, das den Untertitel trägt «Warum ich trotzdem Christ bleibe». In seiner Karriere als Journalist bei einer eher kirchenkritischen Zeitung sind ihm viele Menschen begegnet, denen der Glaube fremd ist, ja, die beim Stichwort Kirche nur noch an Missbrauchsfälle denken und dabei all das andere Schöne und Reiche darin vergessen.

Auf seinen Essay erhielt er hunderte Rückmeldungen von Menschen, denen er damit aus der Seele gesprochen hat. Viele fühlen sich einsam als Christ, denn die positive Bedeutung der Kirche findet in der Gesellschaft oft kaum noch Gehör.

Was kann das 21. Jahrhundert von Gläubigen lernen?

Der erste Teil seiner Lesung stammte aus dem Vorwort seines Buches. Er stellt sich schonungslos der kirchlichen Realität, denn die mitteleuropäischen Länder sind in den letzten 50 Jahren zu nichtchristlichen Ländern geworden. Doch aus seiner Sicht stehen viele Glaubenskritiker auf schwankendem Boden, denn sie kennen gar nicht, was sie ablehnen. Und er dreht die Frage um: Was kann das 21. Jahrhundert von den Gläubigen lernen? Wie frei ist der Durchschnittsmensch wirklich? Leiden nicht viele darunter, keinen Glauben mehr zu haben?

Im zweiten Teil der Lesung kam er auf seine persönliche Geschichte zu sprechen. Wie er zum Christen wurde? Durch die Eltern! Sein Vater, Landarzt in Bayern, hat ihm den Glauben vorgelebt und ging regelmässig mit ihm zusammen in die Kirche. Doch die Eltern liessen ihm auch viel Freiheit, dazu sagten sie: «Vergessen sollst du den lieben Gott nicht, denn der liebe Gott vergisst dich auch nicht!»

Haberl will aber nicht einfach die frühere Zeit verklären – sie war nicht besser, nur anders. Die heutigen Errungenschaften sind ihm sehr lieb, aber es ist ihm bewusst, dass sie auch einen Preis haben. Dabei geht es nicht immer um die Frage, was es mir bringt. Gerade der Glaube fragt umgekehrt, denn Gott steht zuerst, vor meinem Ego. Doch der Glaube hat auch einen beträchtlichen «Kollateralnutzen» in den Herausforderungen unserer Zeit.

Auf der Schwelle zur Abendmesse

Abschliessend las er noch eine Sequenz aus dem Schlusskapitel zum Thema Zweifel. Er beschreibt die Gedanken und Gefühle auf der Schwelle zur Abendmesse: Radikale Infragestellungen, Genussmöglichkeiten eines lauen Abends und noch manches mehr reizen ihn, sich von der Kirche wieder zu entfernen. Doch schliesslich entscheidet er sich, die Tür zu öffnen und einzutreten: «Jesus soll nicht umsonst gestorben sein».

Der Abend wurde von Pfarrerin Katharina Fuhrer moderiert. Musikalisch bereichert wurde der Anlass durch Thanh Ly am Klavier, im Schlussstück zusammen mit ihrer Tochter Sophie an der Geige. Sehr präzis und virtuos gaben sie diesem ohnehin schon faszinierenden Abend einen krönenden Abschluss.